70 Jahre Flucht, Vertreibung, Deportation

Gedenkveranstaltung

In diesen Wochen und Monaten jährt sich zum 70. Male was 1944/1945 als Genozid an den Deutschen in Südosteuropa begann. Aus diesem Anlass veranstaltete die Donaudeutsche Landsmannschaft am 07.06.2015 eine Gedenkfeier, um der Menschen zu gedenken, die aus Rumänien, Ungarn und dem damaligen Jugoslawien zur Zwangsarbeit deportiert wurden, die in Jugoslawien von den Kommunisten unschuldig ermordet wurden, in den Vernichtungs- und Arbeitslagern den Tod fanden oder auf der Flucht ihr Leben lassen mussten.
70 Jahre – Gedenkveranstaltung an Deportation, Flucht und der Vertreibung
Das Leid der Deutschen in Südosteuropa begann schon im Herbst 1944, als besonders in Jugoslawien Morde und Erschießungen durch Rollkommandos der Partisanen fast zur Tagesordnung gehörten. Internierungen in Arbeits- und Vernichtungslager folgten.
Nach der zentralen Gedenkveranstaltung an die Deportation in die UdSSR in Ulm und die eindrucksvolle Gedenkveranstaltung des Bundesverbandes im Haus der Donauschwaben in Sindelfingen wurde auch in der Pfalz in einer zentralen Gedenkveranstaltung der Opfer von Deportation, Flucht und Vertreibung gedacht.
ln der vom Stadtverband Speyer und von Landesverband der Donaudeutschen Landsmannschaft durchgeführten Gedenkveranstaltung wurde in Wortbeiträgen der Opfer der Deutschen aus Ungarn, Rumänien und dem damaligen Jugoslawien gedacht. Mitglieder der Harmonika-Freunde Walter Sogno umrahmten mit drei Melodien die Veranstaltung, rund 120 teilnehmenden Personen, waren der Einladung am 7. Juni 2015 gefolgt.
Siegfried Liebel, Vorsitzender des Stadtverbandes Speyer, begrüßte namentlich: OB Hansjörg Eger, Bgm. Monika Kabs, den Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben Stefan Ihas, Bernd Krastl, Vizepräsident des WDV, Anna Fernbach und Elisabeth Ziemer, Mitglieder des Präsidiums des WDV und den Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft Josef Jerger.
In seinen einleitenden Worten betonte Liebel unter anderem, dass es auch nach 70 Jahren nötig ist die Erinnerung an die Ereignisse und unsere Opfer aufrechtzuerhalten. Durch solche Veranstaltungen wird dazu beigetragen, dass damaligen Geschehnisse in Erinnerung bleiben und nicht dem endgültigen Vergessen preisgegeben werden. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden rund 14 Millionen Deutsche aus Ost- und Südosteuropa vertrieben, waren auf der Flucht. Wir meinten daraus sollten die Menschen gelernt haben, dem ist nicht so, denn heute werden weltweit tausende Menschen Opfer von Verfolgung und Vertreibung.
Heribert Rech, Innenminister a. D. führte in seiner Ansprache unter anderem aus:
„Am 8. Mai 1945 endete die nationalsozialistische Schreckensherrschaft. Für viele Menschen war es ein Tag der Befreiung. Für viele andere aber sollte er der Beginn eines neuen Unglücks werden.
Mehr als 14 Millionen Deutsche wurden aus ihrer angestammten Heimat vertrieben, über 2 Millionen verloren dabei ihr Leben. Es ist viel Leid und viel Unrecht mit der Vertreibung, der Flucht und der Deportation von Deutschen zum Ende des Zweiten Weltkrieges verbunden. Einem Krieg der vom nationalsozialistischen Deutschland angezettelt wurde. Ervin Teufel, sagte: „Sich der Vertreibungsgeschichte zu stellen, ist für uns und andere gewiss nicht einfach; sie zu verdrängen wäre aber nicht nur beschämend, es wäre verheerend“. Und von Prof. Peter Glotz stammen die Worte: „ Die Geschichte kann man nicht wie eine Fliege verscheuchen.“ Es gibt immer wieder Stimmen, die sagen: Lasst die Vergangenheit ruhen! Zieht endlich einen Schlussstrich! Das aber wäre ein fataler Irrweg. Es wäre ein falsches Verständnis von Geschichte! Wir müssen uns erinnern! Ein altes jüdisches Sprichwort sagt: „Das Geheimnis der Versöhnung heißt Erinnerung.“ Und das müssen wir tun. Wir müssen uns erinnern. Richard von Weizsäcker sagte: „Denn nicht die Erinnerung, sondern das Vergessen ist und bleibt die Gefahr.“ Zur Erinnerung gehört auch die Erinnerung an das Leid der Vertriebenen und an das Unrecht der Vertreibung. Auch 70 Jahre danach.
Erinnerung wach halten! Nicht um aufzurechnen oder das Rad der Geschichte zurückzudrehen, sondern um der Wahrheit willen. Wer dieses Thema reflexartig ablehnt, verweigert sich der Auseinandersetzung, gibt die Wahrheit der Einseitigkeit preis. Und eine Geschichte braucht Wahrheit ohne Einseitigkeit – weder in die eine, noch in die andere Richtung. Und zu dieser Wahrheit gehört eben auch, dass wir uns der historischen Abfolge der Ereignisse bewusst bleiben: Von deutschem Boden ging die Verwüstung ganz Europas aus, sind Menschlichkeit und sittlich-moralische Werte außer Kraft gesetzt worden. Man kann die geschichtliche Abfolge, man kann die deutsche Schuld nicht leugnen. Aber man muss mit unserem früheren Bundespräsidenten Roman Herzog hinzufügen: „Kein Unrecht, und mag es noch so groß gewesen sein, rechtfertigt anderes Unrecht. Verbrechen sind auch Verbrechen, wenn ihnen andere Verbrechen vorausgegangen sind.“
Ich habe in den vergangenen Monaten mit vielen Menschen gesprochen, die in ihrer Kindheit, die in jungen Jahren unbeschreibbar Schreckliches erleben und erleiden mussten. Leiden, die sich unauslöschlich in ihre Seelen eingebrannt haben. Bilder, die sie nie vergessen können. Es berührt mich zutiefst, wie gerade diese Generation das Erlebte und Erlittene als Verpflichtung empfinden, sich ganz persönlich für Verständigung, für Versöhnung und Frieden einzusetzen. Diese Menschen, so mein Eindruck, haben keine Verbitterung in ihren Herzen, sondern bringen die Bereitschaft zur dauerhaften Versöhnung mit – und sie haben den Wunsch nach einem friedlichen Miteinander in ganz Europa. Genau dies haben die deutschen Heimatvertriebenen in ihrer Charta vom 5. August 1950 festgeschrieben. Und sie haben Wort gehalten. Sie haben über all die Jahrzehnte hinweg Verbindung gehalten zu ihrer alten Heimat. Diese Kraft zur Verständigung, zur Versöhnung über die Gräber hinweg, hat die Donaudeutschen/Donauschwaben in all den Jahren nie verlassen. Sie haben ihre Wurzeln nie vergessen. Die Heimat ist Basis unserer Identität.
Versöhnung auf der Grundlage von Wahrheit mag ein schmerzlicher Prozess sein, aber es ist ein Prozess der Heilung. Die Wunden der Vergangenheit heilen nur, wenn alle Seiten das Unrecht und das Leid, das Menschen zugefügt wurde, benennen und eingestehen.
Nur dann kann dieses aus der Welt geschaffen werden – kann der Weg frei gemacht werden für ein neues Miteinander. Nur wer die Wahrheit achtet, achtet auch die Opfer. Diese Achtung und diesen Respekt sind wir den Opfern von Krieg und Vertreibung schuldig.“
Wer sich für den vollständigen Text der Ansprache von Herrn Minister a. D. Heribert Rech interessiert, kann ihn bei Josef Jerger, E-Mail: jerger.josef@t-online.de anfordern.
In seiner Gedenkansprache wies Josef Jerger, Ehrenvorsitzender der Donaudeutschen Landsmannschaft auf die vielen öffentlichen Erinnerungen von Ereignissen hin, die meist mit der Befreiung der Menschen aus den KZ der Nazi im Zusammenhang standen. Für die Betroffenen war es, bei aller Trauer um die willkürlich ermordete Familienangehörige, ein freudige Ereignisse, denn sie hatten sie, hatten die Schreckensherrschaft überlebt.
Für die Deutschen in Südosteuropa, vornehmlich in Jugoslawien begann vor 70 Jahren ein Leidensweg. Sie zahlten einen hohen Blutzoll für Verbrechen die von den Nationalsozialisten in diesem Lande verübt hatten. Jerger gedachte der über 19.000 Landsleute aus Ungarn Rumänien und Jugoslawien, die in der Weite Russlands gestorben sind, der 5869 Kinder, 28260 Frauen und 25206 Männer, die als Zivilisten in den Vernichtungslagern Titos verstorben sind, der Ermordeten, auf der Flucht verstorbenen. Er gedachte auch der Menschen die wegen ihrer Volkszugehörigkeit, wegen ihres Glaubens durch die Hand der deutschen Nationalsozialisten ihr Leben verloren haben. Sein Gedenken galt auch seinen Landsleuten, die an den Fronten des Zweiten Weltkrieges gefallen oder in Gefangenschaft verstorben sind. Jerger beendete die Gedenkstunde mit einer Fürbitte und dem gemeinsam gesprochenen „Vater unser.“
Mit Enttäuschung haben einige Landsleute festgestellt, dass aus zwei Ortsverbänden keine Landsleute zu der Veranstaltung gekommen waren. Nicht einmal aus den Reihen der Amtsträger der betroffenen Untergliederungen fanden sich Personen bereit ca. zwei Stunden für dieses Gedenken zu opfern.
Alle Texte der Ansprachen können beim Josef Jerger angefordert werden.
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Donaudeutsche Nachrichten – Ausgabe Juli 2015

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