Unsere Toten sind nicht vergessen
Traditionell am letzten Sonntag des Kirchenjahres, dem Totensonntag oder Ewigkeitssonntag, fand auf dem Friedhof in Landau, in der Aussegnungshalle und am Gedenkstein, die gemeinsame Gedenkstunde der Donaudeutschen und der Südostdeutschen Landsmannschaft statt. Der Hauptredner der Gedenkstunde, Herr Dr. Peter Kern, ev. Theologe und Bürgermeister von Limburgerhof, konnte aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen. Vorsitzender der Südostdeutschen Landsmannschaft Herr Reinhold Walter, der gewöhnlich die Begrüßungsworte sprach, war aus persönlichen Gründen verhindert.
Der Landesvorsitzende der Donaudeutschen Landsmannschaft Herr Paul Nägl begrüßte die Anwesenden und führte in seiner Begrüßung folgendes aus. „Liebe Mitglieder der Donaudeutschen und der Landsmannschaft der Südostdeutschen, wir sind hier zusammengekommen, um am Totensonntag, dem letzten Sonntag im Kirchenjahr, unserer Toten zu gedenken. Eigentlich wurde dieser Gedenktag von König Friedrich Wilhelm Ill. von Preußen 1816 als „Feiertag zum Gedächtnis der Entschlafenen“ eingeführt. Heute gedenken wir aller Toten… Aber wir lenken unsere Gedanken auch zu den Menschen hin, die heute von Kriegen, Bürgerkriegen und Terror betroffen sind. Wir erleben auch heute wieder Flucht und Vertreibung. Wir erfahren, wie schnell und brutal Menschen Opfer von politischer Verfolgung, von Fremdenfeindlichkeit und von Terrorismus werden können. Und nach den Ereignissen der letzten Zeit müssen wir lernen, dass es auch für uns keine 100-prozentige Sicherheit mehr geben wird. Gerade deshalb dürfen wir die Grausamkeiten von Gewalt in jeder Form – ob damals oder heute – nicht verdrängen. Gerade deshalb verurteilen wir Flucht, Vertreibung und Hungersnot. Gerade deshalb tun wir gut daran, uns zu erinnern und das Leid und das Leiden nicht zu vergessen – in der Form wie wir das heute gemeinsam tun“. Zum Abschluss seiner Worte zitierte Paul Nägl Worte von Mutter Teresa (1910 – 1997).
ln seiner Ansprache legte Josef Jerger den Text des Liedes „Wir sind nur Gast auf Erden“ zugrunde. Das 1935 getextete und vertonte Lied könnte für die Donauschwaben entstanden sein. Denn in den grauenvollen Jahren 1944 – 1948 haben sie erfahren, dass sie ja nur Gast auf ihren Hof und Gut waren und wandern/flüchten mussten ohne Rast und Ruh. Die Wege waren mit vielen Beschwerden beladen und so mancher hat sich in der großen Not die ewige Heimat herbeigesehnt. Die in den Lagern dahinvegetierenden Kinder Frauen und alte Männer lebten in tristen Orten und wähnten sich von Gott und der Welt vergessen. Jerger stellte die Frage, ob die leidenden Menschen wirklich von Gott allein gelassen waren, ob nicht doch Christus an ihrer Seite stand.
Er erinnerte sich, dass man im Lager sagte, das Antlitz der Muttergottes erschien manchmal abends an einem Fenster. War es Halluzination oder gar ein Wunder? Vielleicht war es ein Wunder, welches sagen wollte, ich bin bei euch, auch wenn ich nicht spürbar helfen kann. Die vielen Gebete wurden erhört, so Jerger. Für die noch Lebenden führten die Wege aus den Lagern hinaus. Für die zehntausende – in den Jahren 1944 bis 1948 – Verstorbenen, führte der Weg ins Massengrab, wo ihre Leiber verscharrt wurden. Der Weg der geschundenen Seelen aber führte ins Reich Gottes. Die brutalen Täter des jugoslawischen Kommunismus wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Über Jahrzehnte wurde die Jugend über das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien belogen. Heute hinterfragt die jüngere Generation was damals geschah. Es werden Hände zur Versöhnung gereicht. Diese Geste dürfen, ja sollen wir nicht übersehen. Nach unserem christlichen Glauben sollen und müssen wir verzeihen. Nur eines sollten wir nicht: vergessen. Denn wenn wir das Gedenken an unsere unschuldigen Opfer aufgeben, werden sie für immer vergessen sein.
Es folgten Worte des Gedenkens für die in die UdSSR Deportierten, auf der Flucht und in den Lagern Verstorbenen, die bestialisch Ermordeten, an den Fronten der Weltkriege Gefallenen, an die Menschen, die durch die Hand Deutscher umgekommen sind, an die Menschen, die derzeit auf der Flucht umkommen, an die Opfer des Terroranschlages von Paris und an die in den letzten 12 Monaten Verstorbenen Landsleute. Namentlich nannte er, die Landsleute, die über viele Jahre ehrenamtlich in der Landsmannschaft aktiv waren: Karl Drechsler, Anna Wellendorf, Käthe Kempl, Irmgard Schwaab, Rosalia Köhler und Rosa Belafi. Vor dem Gang an den Gedenkstein schloss Jerger mit Fürbitten, dem gemeinsam gebeteten „Vater unser“ und einem Segensspruch.
Unter den Klängen der Melodie „lch hatte einen Kameraden“ wurde am Gedenkstein ein Kranz niedergelegt. Abschließende Dankesworte sprach Landesvorsitzender Paul Nägl.
Die Gedenkveranstaltung wurde in der Trauerhalle musikalisch von dem Organist Winfried Grünebaum und während der Kranzniederlegung von Uli Marte, und Alexander Hedrich umrahmt.
Text auszugsweise übernommen aus „Donaudeutsche Nachrichten“ Ausgabe 6/15. Autor: ,ger